Deutsche Finanz-Presse über neue Entwicklungen in EuroGas Korruption Milliardenklage gegen Slowakische Republik und Schmid Industrieholding (SIH)
Bergbaukonzern plant 12-Milliarden-Klage gegen Slowakei
Schon länger kritisieren deutsche Unternehmer mangelnde Rechtssicherheit und Behördenwillkür in der Slowakei – wie EuroGas-Chef Wolfgang Rauball. Doch erst seit dem Mord an einem Journalisten ändert sich der Blick auf das Land
Der börsennotierte Bergbaukonzern EuroGas des deutschen Unternehmers Wolfgang Rauball plant eine Milliardenklage gegen die Slowakei. Rauball sagte Capital (Ausgabe 6/2018, EVT 24. Mai), das Unternehmen werde vor dem Weltbank-Schiedsgericht ICSID gegen die „Enteignung“ seiner Talkmine im Osten des Landes vorgehen. Das Unternehmen werde den slowakischen Präsidenten Andrej Kiska Mitte Juni über die Klage informieren. Die Höhe des geforderten Schadenersatzes bezifferte Rauball mit rund 12 Mrd. Euro.
Der Streit um die Mine in Gemerská Poloma, eines der größten und wertvollsten Talkvorkommen der Welt, läuft bereits seit 2004. Damals hatten die slowakischen Bergbaubehörden EuroGas die Schürfrechte entzogen. Der Aktienkurs des Unternehmens brach daraufhin ein. Talk gilt als wichtiger Rohstoff unter anderem in der Kosmetikindustrie. Trotz dreier Entscheidungen des obersten Gerichts der Slowakei zu seinen Gunsten 2008, 2011 und 2013 hat EuroGas, das seinen Hauptsitz im US-Bundesstaat Utah hat, bis heute keinen Zugang zu der Mine.
Eine erste Klage des Unternehmens hatte das Weltbank-Schiedsgericht 2014 wegen eines Formfehlers nicht zur Entscheidung angenommen. Damals hatte EuroGas-Chef Rauball, ein Bruder des BVB-Präsidenten Reinhard Rauball, auch erfolglos mit der slowakischen Regierung über eine einvernehmliche Lösung verhandelt – unter anderem mit dem heutigen Regierungschef Peter Pellegrini.
Darüber hinaus kündigte Rauball weitere Klagen vor US-Gerichten an. Parallel zu dem ICSID-Verfahren werde EuroGas vor dem Federal Court of Texas Strafantrag gegen den heutigen Betreiber der Mine, die österreichische Schmid Industrie Holding (SIH), sowie deren verantwortliche Personen stellen. Der Euro-Gas-Chef wirft dem Wettbewerber Industriespionage, Hehlerei, Geldwäsche und die „Bildung einer kriminellen Vereinigung in Verbindung mit kollusiven Aktivitäten zum Nachteil von EuroGas in Tateinheit mit der Slowakischen Republik“ vor.
Seine Vorwürfe untermauert Rauball mit der Aussage des früheren Chefs eines finnischen Bergbaukonzerns, dem die Mine 2004 nach eigener Aussage angeboten wurde. In einer eidesstaatlichen Versicherung aus dem Jahr 2016 erklärt der Manager, slowakische Beamte hätten im Gegenzug für die Schürfrechte eine Zahlung von 5 Mio. Euro an die Partei des damaligen Wirtschaftsministers Pavol Rusko gefordert. Das Dokument liegt Capital vor. Rauball geht davon aus, dass die SIH an die Schürfrechte für die Mine gelangt sei, weil sie das geforderte Schmiergeld gezahlt habe – anders als der finnische Konzern, der das Angebot abgelehnt hatte.
Dagegen wies der heutige Mineneigentümer den Bestechungsvorwurf vehement zurück. Auf Anfrage erklärte die SIH, sie habe „keinem Politiker oder Beamten etwas dafür bezahlt“, Schürfrechte zu bekommen oder zu behalten. „Uns wurde wiederholt die Rechtsgültigkeit unserer Bescheide bestätigt.“ Zu der angekündigten Klage teilte SIH-Chef Robert Schmid mit: „Ich wüsste nichts, wofür uns EuroGas verklagen wollen sollte, wir hatten mit dieser Organisation niemals irgendein Vertragsverhältnis.“
EU-Subventionen nur mit „Deals“
In Umfragen der deutsch-slowakischen Industrie- und Handelskammer in Bratislava bemängeln ausländische Unternehmen in der Slowakei regelmäßig die mangelnde Rechtssicherheit. Noch schlechter bewerten sie den Kampf gegen Korruption und Kriminalität. Unter Unternehmen, die bei Behörden Anträge für EU-Fördermittel stellen, sei es ein „offenes Geheimnis“, dass die Bewilligung bisweilen an „Deals“ geknüpft sei, sagte Handelskammer-Geschäftsführer Guido Glania. Als Beispiele für solche Deals nannte er Beratermandate, Provisionen oder den Abschluss anderer Verträge.
Wegen Mängeln bei der Rechtsstaatlichkeit sowie im Kampf gegen Korruption steht die Slowakei seit dem Mord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter Ende Februar im Fokus. Kuciak hatte über Kontakte zwischen Politik und organisierter Kriminalität sowie den Missbrauch von EU-Subventionen recherchiert. In Capital berichten nun deutsche Unternehmer und ein slowakischer Beamter über Behördenwillkür, Korruption und ein vertuschtes Minenunglück.
Der sächsischen Firma Bodet & Horst, ein Hersteller von Matratzenbezügen mit 650 Mitarbeitern in vier Ländern, ist im slowakischen Werk durch Diebstahl und Betrug ein Gesamtschaden von rund 12 Mio. Euro entstanden. Vergangenen Freitag musste Geschäftsführer Gerd-Hermann Horst nun Insolvenz anmelden. Er wirft den slowakischen Behörden vor, trotz Geständnissen und Beweisen die Ermittlungen eingestellt zu haben. Wie korrupt die Behörden in der Slowakei sind, hatte der Unternehmer bereits 2008 erfahren. Um EU-Subventionen zu erhalten, sollte er 24 Prozent der Fördergelder an eine Agentur abführen.
Die Fälle, die nun ans Tageslicht kämen, seien ein Albtraum und stellten das gesamte Fördersystem infrage, sagte die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses im Europaparlaments, Ingeborg Gräßle (CDU). Brüssel müsse sich bei der Auszahlung der EU-Subventionen auf die Mitgliedstaaten verlassen können, denn Kontrollen durch EU-Stellen vor Ort gebe es nicht. „Das System wankt in seinen Grundfesten, wenn man den Regierungen nicht vertrauen kann“, sagte Gräßle.
EUROGAS-SCHADENERSATZKLAGE
US-Minengesellschaft verlangt Milliarden von der Slowakei
Im Streit um Talk-Vorkommen mit der Slowakei setzt die US-Minengesellschaft EuroGas auf das Schiedsgericht der Weltbank. Sie fordert eine Milliardenstrafe.
24.05.2018
Schweres Erbe für slowakischen Ministerpräsidenten
Robert Fico (links) musste als Ministerpräsident der Slowakei zurücktreten. Auf den Nachfolger Peter Pellegrini (rechts) warten bereits neue Probleme.
WienDie Auseinandersetzung zwischen der amerikanischen Minengesellschaft EuroGas und der Slowakei spitzt sich weiter zu. Vorstandschef Wolfgang Rauball droht dem osteuropäischen Land mit einer neuen Milliardenklage. Die EuroGas werde „eine neue, milliardenschwere Schadenersatzklage gegen die Slowakei einreichen, sobald die obligatorische Stillhalteperiode von sechs Monaten abgelaufen sein wird“, sagte CEO Rauball am Donnerstag in Wien. Das Unternehmen will die neue Klage vor dem ICSID-Schiedsgericht der Weltbank in der amerikanischen Hauptstadt Washington einreichen.
Bereits seit über zehn Jahren streitet Euro-Gas um die lukrative Talk-Mine Gemerská Poloma im Osten der Slowakei. Der deutsche Vorstandschef Rauball fordert von der slowakischen Regierung die Rückgabe der Lizenz, um das attraktive Talk-Vorkommen erschließen zu können, und Schadenersatz in Milliardenhöhe.
Nach Angaben von Experten handelt es sich in der Slowakei um eines der größten und reinsten Talk-Vorkommen weltweit. Das weiße Gestein Talk wird in der Industrie gebraucht, etwa zur Herstellung von Zahnpasta, Papier oder Plastik.
„Ich erwarte mit kein Einlenken der Regierung der Slowakei unter dem neuen Ministerpräsidenten Pellegrini“, sagte CEO Rauball dem Handelsblatt in Wien. „Bereits vor Jahren habe ich den damaligen Finanzstaatssekretär im persönlichen Gespräch auf die massive Korruption mit der Enteignung unserer Talk-Mine hingewiesen.“
Die erste Klage von EuroGas vor dem Schiedsgericht der Weltbank aus dem Jahr 2014 wurde wegen eines Formfehlers nicht angenommen. Nun fordert das Unternehmen mit zwölf Milliarden Euro eine höhere Entschädigung für die Enteignung im Jahr 2004. Mittlerweile wurde bekannt, dass die Talk-Vorkommen noch höher sind als bislang angenommen.
Derzeit ist das Bergwerk in der Nähe der slowakischen Gemeinde Gemerská Poloma im Besitz des österreichischen Baustoffkonzerns Schmid Industrieholding und dessen slowakischer Tochtergesellschaft Eurotalc. Die Mine befindet sich nur rund 400 Kilometer östlich von Wien.
Zweifelhaftes Bieterverfahren
EuroGas hatte in drei Verfahren in den Jahren 2008, 2011 und 2013 vor dem Obersten Gerichtshof der Slowakei nach eigenen Angaben Recht bekommen. Doch alle Versuche, den Rechtsanspruch vor Ort auch durchzusetzen, sind bislang gescheitert. Die Aktien von Euro-Gas werden nicht mehr gehandelt.
2004 wurde EuroGas die bereits 1998 erteilte Lizenz zum Schürfen von Talk unter dubiosen Umständen entzogen. Ursprünglich wollte die US-Firma die Produktion bereits Anfang 2007 starten. Stattdessen erhielt die österreichische Schmidt-Industrieholding über ein angeblich zweifelhaftes Bieterverfahren die Rechte, das Mineral abzubauen.
Das Unternehmen hat in den USA gegen Robert Schmid und andere Inhaber und Manager der Schmid Industrieholding eine Anzeige wegen Industriespionage, Hehlerei, Geldwäsche sowie wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung erstattet. Laut EuroGas soll es vor einem amerikanischen Gericht zu einem Strafverfahren kommen. Nach Angaben des 72-jährigen Rauball sei die umfangreiche Klageschrift inzwischen fertiggestellt.
Die neue Runde in der Auseinandersetzung kommt für die Slowakei zu einer Unzeit. Seit dem Journalistenmord im Februar befindet sich das EU-Land in einer schweren politischen Krise.
In der Hauptstadt Bratislava kam es in den vergangenen Wochen zu Massenprotesten gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Rechtsunsicherheit. Der langjährige Premier Robert Fico wurde im März von seinen Vertrauten und Stellverteter Peter Pellegrini abgelöst. Insider gehen davon, dass es trotz des Wechsels des Ministerpräsidenten in der Slowakei weiter zu keiner einvernehmlichen Lösung in dem jahrelangen Milliardenstreit kommen wird.
Der früher gute Ruf des EU-Landes Slowakei ist durch die politische Krise der vergangenen Monate ruiniert. „Das Image der Slowakei unter den Investoren hat sehr, sehr gelitten“, sagte zuletzt der österreichische Diplomat Christian Krügerl in Bratislava.
Vor allem die weit verbreitete Korruption macht der Slowakei seit Jahrzehnten zu schaffen. Bestechung und Vorteilsnahme sind nach Meinung ausländischer Beobachter in dem Land zwischen Österreich und der Ukraine weit verbreitet. Im Osten der Slowakei hat sich die organisierte Kriminalität zudem massiv ausgebreitet.
Schon in einer im März vorgelegten Umfrage der Industrie- und Handelskammer hatten die Befragten der Regierung keine gute Note für die Bekämpfung von Korruption und Kriminalität ausgestellt. Unabhängige Analysten bezweifeln, dass sich unter der Koalition aus linkspopulistischen Smer, der rechtsnationalen SNS und der konservativ-liberalen Most-Hid in Bratislava trotz der Regierungsumbildung und den massiven Protesten etwas Grundlegendes ändern wird.